Heidi Sill

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Annelie Pohlen

TransCube zwischen Kunstraum und Stadtraum
deutsch

Das Beziehungsgefüge zwischen Kunstproduzenten und deren Vermittlern in öffentlichen und privaten Institutionen steht nicht erst seit Marcel Duchamp im Zentrum kritischer Auseinandersetzungen, die bis zur vehementen Attacke auf die Musentempel reichen können. Die Qualifizierung des White Cube als gesellschaftsfernen Kunstraum und die Doppelrolle des Künstlers als Kurator zählen gegenwärtig zu den virulentesten Aspekten in der komplexen Reflexion zum Stellenwert der Kunst in der Gesellschaft.

Heidi Sill hat mit ihren eigenen künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum wie mit den von ihr als Kuratorin konzipierten Projekten in Deutschland wie in Frankreich entscheidend zur Differenzierung dieser Aspekte beigetragen. Auf Einladung des Kunstvereins realisiert sie in ebendieser Doppelrolle als Künstlerin und Kuratorin das Projekt TransCube.

Schnittstelle ist der gläserne Eingang des Bonner Kunstvereins. (Schlag-)Worte und Informationen zu den Projekten der neben Heidi Sill teilnehmenden Künstler Stefan Demary und Jan Verbeek, beide von der Künstlerin aus den Publikationen zu der 1995 vom Bonner Kunstverein gestarteten Ausstellungsreihe Bon direct ausgewählt, verweisen auf den künstlerischen Transfer des White Cube, des Kunstraumes, in den Public Cube, den öffentlichen Raum. Diesem Grundgedanken folgend plazieren Stefan Demary, Heidi Sill und Jan Verbeek ihr eigens für Stadtkunst entwickeltes Werk dort, wo Orte im öffentlichen, im Gesellschafts-Raum sich durch das dem Ort entsprechende Werk als öffentlicher Kunstraum artikulieren.

...wo Stefan Demary den gezielten oder zufälligen Nutzer/Passanten durch Verkehrung der im öffentlichen Raum gewohnten Nutzungsstrategien verstören könnte, geht Heidi Sill den umgekehrten Weg, indem sie diesen - der gewöhnlichen Nutzung des Ortes folgend - in den Kunst-Werk-Raum einschließt. Schönheit und Spiegelung von Schönheit sind Themen, die die bildende Kunst, in nahezu allen westlichen Sprachen als Schöne Künste bezeichnet, und Friseur-Salons aneinander zu binden vermögen. Künstliche und künstlerische Schönheit treffen aufeinander, wenn Heidi Sill die für einen Coiffeur zwingend notwendigen Spiegel durch eigens von ihr mit roten Flächen bemalte Spiegel ersetzt. Dem Ort der Verschönerung angemessen wählt die Künstlerin Nagellack als Malstoff und jene Form der abstrakten Malerei, die seit ihren Anfängen in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Fragen nach der Gestaltung des öffentlichen Raumes am weitesten vorangetrieben hat und in den besten Fällen gezielt, in den problematischen Fällen ungewollt auf dem schmalen Grad zwischen Kunst und Dekor angesiedelt ist. Raum und Menschen im Raum, diese üblicherweise als Kunden des Salons bezeichnet, sind so - den einfachen physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Spiegelung zufolge - Teil eines Kunstbildes/Kunstraumes und eines gedanklichen wie ästethischen Netzwerkes, an dem die Begriffe der Reflexion (Spiegelung und Denken) wie des Salons (Kulturtreffpunkt und Ort der Schönheit) ihren vieldeutigen Anteil haben.

Als Gesamtprojekt wie in seinen individuellen Beiträgen ist TransCube kreativer Ausdruck für die alle gesellschaftlichen Bereiche tangierende, von Künstlern weltweit als Herausforderung betrachtete Frage nach der Gestaltungsmöglichkeit des menschlichen Subjektes in einem nach den Gesetzen einer wie auch immer begründeten Effizienz regulierten globalen Dorf.

Annelie Pohlen, 2002


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updated 2004-03-15
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